Hush Puppies
 
  
  
  
  
  
  
 
  WIESO EIGENTLICH HUSH PUPPIES ?
  Von
  Verena C. Harksen
  Das kennen Sie doch auch: Sie gehen mit Ihrem Basset am 
  Sonntag spazieren und treffen jede Menge Leute. Ein paar trotten 
  wortlos vorbei, größtenteils mit wohlwollenden Blicken. Einige 
  wenige sagen: „Ah! Ein Basset!“ Wesentlich mehr fragen: „Was 
  ist das denn für eine Mischung?“ ( Hier empfehlen sich Antworten 
  wie „das ist eine sibirische Krokodilbracke“ oder „ein 
  botswanischer Elchwürger“).
  Aber die allermeisten rufen: “Ein Hush Puppy! Ein richtiger Hush 
  Puppy!“
  Grrr.
  Doch was ist ein Hush Puppy, und wie kommen Bassets zu 
  diesem Namen?
  Das zu erklären, ist ein bisschen kompliziert.
  Die Schuhe
  Natürlich kennen die meisten von uns Hush-Puppies-Schuhe. Sie 
  feierten 2008 ihr fünfzigjähriges Bestehen, und man findet sie 
  fast in jedem Laden.
  1958 wurden sie im kleinen amerikanischen Städtchen Rockford 
  (Michigan) gegründet. Dabei ging das junge Unternehmen einen 
  ganz neuen Weg: es verkaufte „bürofähige“ Bequemmode. 
  Während Karriere- und Gesellschaftsschuhe bisher spitz, streng 
  und hart am Fuß saßen und man erst zu Hause zur Erholung in 
  Pantoffeln, Sandalen oder Converse-Sneakers schlüpfte, waren 
  Hush Puppies sowohl stadtfein als auch angenehm. Sie bestanden 
  aus weichem, gebürstetem Schweinsleder und hatten biegsame 
  Gummisohlen, waren nicht zu spitz und hatten flache Absätze.
  Um den Käufern diesen Eindruck des Lässigen, Behaglichen von 
  Anfang an zu vermitteln, wählten die Marketingleute von Hush 
  Puppies als Firmenzeichen einen Basset – den Inbegriff von Ruhe 
  und Gemütlichkeit. Das kam an. Auch als später Sandalen, Stiefel 
  und sogar Damenpumps ins Sortiment genommen würden, 
  behielt die Marke ihr Wohlfühl-Image. Basset und Hush Puppies 
  wurden eine Einheit.
  Doch die Mode wandelt sich. In den achtziger Jahren des vorigen 
  Jahrhunderts verloren Hush Puppies allmählich an Beliebtheit. 
  Das Basset-Logo war im Lauf mehrerer 
  Modernisierungskampagnen durch einen stilisierten Tintenklecks 
  ersetzt und dadurch beliebig geworden. Die Käufer erkannten das 
  Produkt im Laden nicht mehr auf Anhieb. Die Umsätze sanken.
  Jason
  Als das Unternehmen seinen Marktanteil schwinden sah, zog man 
  die Notbremse. Eine groß angelegte Werbekampagne musste her. 
  Man besann sich wieder auf das erfolgreiche Basset-Logo.
  Es sollte neu belebt, ins Bewusstsein vor allem der neuen, 
  jüngeren Käufergeneration gerückt und mit seiner Hilfe die 
  frühere Gleichsetzung von Produkt und Wohlgefühl wieder 
  hergestellt werden.
  Dazu brauchte man einen neuen Basset.
  Die beauftragte Werbeagentur veranstaltete ein Casting und ließ, 
  um nur ja genügend Bassets aufzutreiben, auch in Tiergeschäften 
  und Tierarztpraxen Aushänge platzieren. So sah auch das 
  Ehepaar Arnold beim Tierarzt den Aufruf und beschloss, mehr aus 
  Jux, seinen Hund vorzustellen.
  Jasonian von Westchester, CDX (1979-1990), genannt Jason, 
  hatte zwar keine Model-Ausbildung, erwies sich aber als 
  Naturtalent. Er schlug nicht nur alle anderen Bewerber aus dem 
  Feld, sondern eroberte die Hochglanzwerbung der Zeitschriften 
  und die Glückwunschkarten-Industrie. Das auch in Deutschland 
  beliebte Motiv „Basset mit Fliegeohren und altem Ventilator“ zählt 
  zu seinen bekanntesten Fotos.
  Kaum angeheuert, warb Jason so erfolgreich für Hush Puppies, 
  dass die Umsätze nach oben schnellten. Umfragen ergaben, dass 
  sein Bekanntheitsgrad bis ins letzte Cowboynest reichte. 
  Merchandising-Artikel mit seinem Bild verkauften sich wie warme 
  Semmeln, und er bekam Waschkörbe von Fanpost. Plötzlich 
  fanden Hush Puppies – Schuhe wieder reißenden Absatz.
  Inzwischen ist Jason zwar achtzehn Jahre tot, aber seine Fotos 
  finden sich immer noch auf der ganzen Welt. Hush Puppies und 
  Jason sind eine Einheit geblieben.
  Und was bedeutet nun „Hush Puppies“?
  Die meisten Deutschen sprechen „Hush Puppies“ wie „Hasch 
  Pappies“ aus. Richtig wäre „Husch Pappies“. Übersetzt heißt das 
  soviel wie „Seid still, kleine Hundchen.“
  Eigentlich sind Hush Puppies keine Schuhe, sondern etwas zum 
  Essen. Es sind kleine Klößchen aus Maismehl, die auf 
  unterschiedliche Art gewürzt, manchmal gefüllt, und in Öl frittiert 
  werden. Sie stammen aus den Südstaaten der USA und waren 
  ursprünglich ein Arme-Leute-Essen.
  Über das Entstehen des Namens gibt es mehrere Theorien.
  Alle basieren darauf, dass man Hunden, damit sie nicht bellten, 
  die Klößchen hinwarf, um sie durch Fressen abzulenken.
  So sollen beispielsweise im amerikanischen Bürgerkrieg im 19. 
  Jahrhundert die Südstaaten-Soldaten ihre Wachhunde auf diese 
  Art zum Schweigen gebracht haben, wenn sich Soldaten der 
  Nordstaaten näherten. Auch fliehende Sklaven sollen die 
  Hetzhunde ihrer Verfolger mit den leckeren Klößchen bestochen 
  haben. Sie flüsterten ihnen „Hush, Puppies!“ zu und entkamen, 
  während die Hunde kauten.
  Heute findet man Hush Puppies überall in den USA, oft in den 
  Schnellgaststätten, wo man sie zu Fischgerichten serviert, ein 
  ziemlich fettiges Vergnügen.
  Wie der Name zu den Schuhen kam
  Um die Mitte des vorigen Jahrhunderts kursierte in den USA der 
  Ausdruck „barking dogs“ (bellende Hunde) für müde Füße. 
  Als der erste Verkaufsleiter des Unternehmens kurz nach der 
  Gründung eine Reise in die Südstaaten unternahm, lernte er die 
  Hush-Puppies-Klößchen kennen und erfuhr auch, dass man mit 
  ihnen bellende Hunde, also auch schmerzende Füße, zur Ruhe 
  bringen konnte.
  Eine Idee war geboren. Es dauerte nicht lange, bis der originelle 
  Name (dessen Herkunft vermutlich nicht einmal alle US-
  Amerikaner kennen), die Schuhe und der Hund eine 
  unverwechselbare Einheit bildeten. Daran hat sich in fünfzig 
  Jahren nichts geändert.
  Wenn man das alles bedenkt, ist die Bezeichnung „Hush Puppies“ 
  für unsere Hunde doch gar nicht so schlimm.
  © Verena C. Harksen, Damaschkeanger 7, 60488 Frankfurt/M
  TEL 069-76 91 57
  30. Nov. 2008
 
  
 
  
 
  
 
  
 
 